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Filigrane Wunderwerke mit großer Wirkung
Spinnennetze faszinieren Menschen seit jeher: filigran wie feine Kunstwerke, doch zugleich robust und funktional. Diese natürlichen Fanggeräte sind das Ergebnis von Millionen Jahren Evolution und bieten Spinnen die perfekte Lösung, um Beute zu fangen und zu überleben. Hinter der scheinbaren Zerbrechlichkeit verbirgt sich eine ausgeklügelte Konstruktion aus einem der stärksten und vielseitigsten Materialien der Natur – der Spinnenseide. 4 Familii wirft einen Blick auf die bemerkenswerte Vielfalt, die Bauweisen, die Bedeutung für das Ökosystem sowie auf spannende Fakten rund um Spinnennetze.
Die Spinnenseide – ein faszinierendes Material
Spinnennetze bestehen aus Spinnenseide, einem außergewöhnlichen Proteinfasermaterial, das von Spinnen aus speziellen Drüsen in ihrem Hinterleib abgesondert wird. Die Seide besitzt eine einzigartige Kombination aus Zugfestigkeit, Elastizität und Leichtigkeit. So ist die Zugfestigkeit der Spinnenseide pro Querschnittsfläche oft höher als die von Stahl oder Kevlar, zugleich ist sie deutlich dehnbarer.
Beispielsweise kann die Seide der Kreuzspinne (Araneus diadematus) eine Zugfestigkeit von bis zu 1,1 Gigapascal erreichen und sich dabei um bis zu 40 Prozent dehnen, ohne zu reißen. Diese Kombination macht Spinnenseide zu einem der stärksten und elastischsten biologischen Materialien.
Aufgrund ihrer einzigartigen Materialeigenschaften ist Spinnenseide daher Gegenstand intensiver Forschung. Wissenschaftler versuchen, Spinnenseide biotechnologisch nachzubilden oder die Gene zur Seidenproduktion in Bakterien, Hefen oder Pflanzen zu übertragen, um größere Mengen künstlicher Spinnenseide zu produzieren.
Anwendungen könnten medizinische Nahtmaterialien, biokompatible Implantate oder extrem leichte und gleichzeitig reißfeste Textilien umfassen. Außerdem inspiriert das Design von Spinnennetzen Architekten und Ingenieure bei der Entwicklung neuer Bau- und Sicherungssysteme.
Bau des Spinnennetzes – eine komplexe Meisterleistung
Spinnen bauen unterschiedliche Arten von Netzen, je nach Art und Lebensraum. Die wohl bekanntesten sind Radnetze, wie sie beispielsweise von Kreuzspinnen gebaut werden. Diese Netze bestehen aus einem radförmigen Gerüst mit klebrigen Fangspiralen. Andere Spinnen bauen Trichternetze (z. B. Baldachinspinnen), die eher dreidimensional und weniger regelmäßig sind, oder auch Tunnelschutznetze.
Ein bemerkenswertes Beispiel für die Größe von Spinnennetzen ist das Netz der Riesenspinne Nephila clavipes, auch Goldene Seidenspinne genannt. Diese kann Netze mit einem Durchmesser von bis zu knapp 2 Metern bauen, die so stabil sind, dass sogar kleine Vögel wie Kolibris darin gefangen werden können. Ein noch größeres Netz wurde von der neuseeländischen Spinne Caerostris darwini entdeckt, deren Netze Flüsse überspannen und mit einer Spannweite von bis zu 25 Metern und einer Fläche von knapp 3 Quadratmetern als die größten Radnetze der Welt gelten.
Der Bau eines Spinnennetzes erfolgt in mehreren präzise aufeinander abgestimmten Schritten. Zunächst spannt die Spinne eine erste Brücke zwischen zwei Punkten, an der weitere Fäden befestigt werden. Anschließend wird ein Gerüst aus stabilen, nicht klebrigen Fäden errichtet. Danach folgen spiralförmig angeordnete Fangfäden, die klebrig sind und die Beute festhalten.
Je nach Art kann der Bau eines Netzes mehrere Stunden dauern. Dabei verfügt die Spinne über ein fein abgestimmtes Sensorium, um die Spannung und Position der einzelnen Fäden ständig zu kontrollieren und das Netz bei Beschädigungen zu reparieren.
Spinnen als Insektenjäger – ökologische Bedeutung
Spinnen sind bedeutende Regulatoren von Insektenpopulationen. Schätzungen zufolge fangen Spinnen weltweit jedes Jahr etwa 400 bis 800 Millionen Tonnen Insekten, was sie zu einem der wichtigsten natürlichen Schädlingsbekämpfer macht. Damit tragen sie maßgeblich zum Gleichgewicht von Ökosystemen bei und helfen dabei, das Überhandnehmen von Insekten zu verhindern.
Die Effizienz der Netze ist beeindruckend: Ein Radnetz kann innerhalb weniger Stunden bis zu mehreren Dutzend Insekten fangen. Die Spinnen spüren die Bewegungen der Beute durch Vibrationen, die sich über die Fäden im Netz fortpflanzen, und reagieren blitzschnell, um ihr Opfer zu sichern. Dabei besteht ein Netz aus verschiedenen Arten von Spinnenseide: Rahmen- und Stützfäden sind nicht klebrig, während die Fangfäden mit winzigen klebrigen Tropfen überzogen sind, die Insekten zuverlässig festhalten. Spinnen laufen gezielt nur auf den nicht klebrigen Fäden. Ihre Füße besitzen feine Härchen, die verhindern, dass sie selbst an den klebrigen Tropfen haften bleiben. Manche Arten tragen außerdem winzige Partikel oder eine Art „Ölschicht“ auf ihren Fäden auf, um zusätzliche Haftung zu vermeiden. So kann die Spinne ihre Beute fangen, ohne selbst im Netz stecken zu bleiben – eine faszinierende Kombination aus physikalischer Präzision und biologischer Anpassung.
Schon gewusst? Spannende Fakten rund ums Spinnennetz
Spinnen sind keine Insekten - Sie gehören zu den Spinnentieren (Arachnida)
Im Gegensatz zu Insekten, die drei Beinpaare und drei Körperabschnitte haben, besitzen Spinnen vier Beinpaare und zwei Körperabschnitte: Vorderkörper (Cephalothorax) und Hinterleib (Abdomen)
Spinnen fressen ihr Netz auf – um Energie zu sparen
Spinnen sind wahre Meister der Ressourcennutzung. Nach einiger Zeit oder wenn ihr Netz beschädigt ist, fressen viele Spinnen ihr altes Netz komplett oder teilweise wieder auf. Das mag zunächst seltsam klingen, aber Spinnenseide besteht aus wertvollen Proteinen, die die Spinne so zurückgewinnt und wiederverwenden kann. Dadurch spart sie Energie, denn die Herstellung von neuer Seide ist sehr aufwendig. Das Wiederverwerten ist ein cleverer Trick, um sich optimal auf die nächste Jagd vorzubereiten.
Nicht alle Spinnen bauen Netze – manche sind aktive Jäger
Obwohl Spinnennetze bekannt und beeindruckend sind, gibt es viele Spinnenarten, die gar keine Netze spinnen. Beispielsweise die Springspinnen (Salticidae) jagen aktiv ihre Beute, indem sie blitzschnell auf sie zuspringen. Sie verlassen sich auf ihr gutes Sehvermögen und ihre Geschwindigkeit. Auch Jagdspinnen (Lycosidae) oder Wolfsspinnen sind schnelle Läufer und bauen keine Netze, sondern fangen ihre Beute direkt auf dem Boden.
Die klebrigen Fäden sind mit winzigen Tropfen bedeckt – natürliche Klebetechnik
Das Klebmittel, das Spinnen zur Fangfädenbeschichtung nutzen, ist ein Wunder der Naturtechnik. Die Fangfäden sind nicht einfach nur „klebrig“, sondern bestehen aus winzigen Tropfen einer speziellen, sehr haftenden Flüssigkeit. Diese Tropfen sorgen dafür, dass Insekten, die mit dem Netz in Kontakt kommen, sofort festkleben – dabei verhindert die Struktur, dass das Netz selbst zusammenklebt oder die Spinne beim Bewegen hängen bleibt. Diese klebrige Beschichtung ist wasserlöslich und kann sich nach Regen regenerieren.
Spinnen bauen oft täglich neue Netze oder wechseln den Standort ihrer Netze
Spinnen sind keine starren Konstrukteure. Wenn das Netz beschädigt ist, die Beute ausbleibt oder der Standort ungünstig wird, bauen viele Spinnen ihr Netz ab und spinnen an einem neuen Ort ein neues Netz. Das kann täglich geschehen, vor allem bei Arten, deren Netze relativ kurzlebig sind. Dieser Standortwechsel verbessert die Jagdchancen und schützt die Spinne vor Feinden. Dabei wählen sie häufig Orte mit guter Beuteversorgung und optimaler Struktur, um ihr Netz zu befestigen.
Bild: Yggi