18
Aug
2015

Mein Kind und seine Schimpfwörter

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Gesprächstermin im Kindergarten
Erziehung ist nichts für Feiglinge! Das habe ich gerade wieder erfahren müssen, als ich in den Kindergarten gerufen wurde, um mir den aktuellen Stand der Dinge bei meiner Jüngsten anzuhören. Ronja ist 2 3/4 und ein aufgewecktes Kind - nicht immer zur reinen Freude ihrer Umgebung. Sie zu schockieren, ist schwer, nachdem sie bereits als Baby das harte Trainingslager ihrer Brüder durchlief. Das Dschungelcamp ist nichts dagegen. Der Höhepunkt war erreicht, als Thilo (7) versuchte, die Puppe seiner Schwester um die elterliche Gunst über unserem Kaminfeuer zu rösten. Das Schicksal, neben Rabauken aufzuwachsen, hat Ronja ein paar blaue Flecken an Körper und Seele beschert. Und mir die undankbare Aufgabe, wie ein Zerberus über Wohl und Wehe meiner Kleinen zu wachen.

Zwischen Zuckerbrot und Peitsche
Kinder sind wie eine Schachtel Pralinen: Man weiß nie, was man kriegt. Manchmal ist das auch besser so. Wenn sie das nur während der letzten Presswehe gewusst hätte, stöhnt meine Freundin immer. Wieso denn? Hätte sie das Kind  dann drinbehalten, um den Rest ihres Lebens wie ein Fesselballon herumzulaufen? Die hat Nerven! Ich selbst schwanke in der Erziehung  zwischen Peitsche und Zuckerbrot – wer von beiden den Sieg davonträgt, hängt davon ab, wie ich gerade drauf bin. Wie gut, dass das  Töchterlein von allen längst gelernt hat, sich mit Hilfe einiger sehr kreativer Ausdrücke selbst zu helfen. „Böse Nuss!“ schreit sie beispielsweise ihre Brüder an, wenn sie sich mal wieder gegen eine Attacke wehren muss. Schlimmere Ausdrücke waren bislang von ihr nicht zu hören. Schließlich ist sie ein braves Mädchen, dachte ich und war stolz darauf. Bis ich den Termin im Kindergarten hatte.

Das Gespräch lässt sich ruhig an
Alles ließ sich ganz harmlos an. Die übliche Palette eben. Aufmerksam wurde ich erst, als die Rede auf Ronjas Sprache kam. Da gebe es das eine oder andere Problem, hieß es. Wie bitte, dieser Bereich regelt sich bei den Lauras, Lisas und Maries dieser Welt doch wohl von selbst.

Kraftausdrücke unter Kleinkindern
Rowdys sind sie nicht. Nun aber musste ich erfahren, dass Ronja im Kindergarten seit kurzem schlimme Kraftausdrücke von sich gab. „Du A...loch!“ posaunte sie, wenn ein Junge ihr den Lieblingsteddy wegnahm. So klagte jedenfalls die Erzieherin. Sie beklagte sich bei mir darüber, dass Ronja oft ohne erkennbaren Grund herum liefe und fluche. Und dass mein Musternachwuchs andere Kleinkinder anblaffe: „Blöder Wixer!“ Was bei ihr allerdings so genuschelt sei, dass es mehr wie „blöder Mixer!“ klang. Meine Gesichtsfarbe wechselte von hellrot zu dunkelgrün. „Das hat sie von ihren Brüdern,“ stammelte ich.  Und ich versprach der besorgten Frau von dem Kindergarten „Das treibe ich denen schon aus!“


Jetzt hilft nur noch der Erziehungsratgeber
Grenzüberschreitungen mittels Sprache sind Versuche der Orientierung, der Reibung an bestehenden Normen und Werten.“ Es handle sich dabei um „spielerisch-lustvolle Schritte“. Das Ausprobieren von „Schweineworten“ vor dem Schulalter sei daher ganz normal.